Dienstag, 14. März 2023

Ein Besuch in der Blauen Zone

 Elke

Meine Freundin versprach mir einen Abend voller Überraschungen. Neugierig besuchte ich sie. Ich trug mein schönstes Cocktailkleid, um das sie mich gebeten hatte.

Die erste Überraschung war, dass wir nicht in ihrer Wohnung blieben. Irene trat mir festlich gekleidet schon an der Haustür entgegen und schob mich ins Treppenhaus zurück.

„Wir gehen“, meinte sie schmunzelnd. Auf der Straße hielt soeben eine metallic-blaue Stretchlimousine, in die wir einstiegen.

“Mach es dir bequem. Erst mal gibt es einen Cocktail.“ Sie hielt ihn mir entgegen, einen leuchtend blauen Curacao mit Sekt, mein Lieblingscocktail. Nach anfänglicher Aufregung begann ich jetzt alles Kommende, was immer das sein mochte, zu genießen.

Wir fuhren durch die hafenblaue Nacht, gedämpfte Loungemusik ertönte aus sechs Lautsprechern innerhalb der Limousine und gab uns ein Raumgefühl, während Irene und ich uns leise unterhielten. Das blaue Licht außerhalb des Wagens changierte zwischen türkisblau und dunklen, knallblauen Papierfliegertönen. Ich war so fasziniert von den wechselnden, leuchtenden Farben, dass ich der Unterhaltung kaum folgen konnte.

Der Fahrer beobachtete uns im Rückspiegel und ich sah in seine großen, kornblumenblauen Augen.

Nach etwa einer halben Stunde hielt die Limousine an und wir stiegen aus. Der blaue Eindruck meiner Umgebung blieb, und ich fragte mich, ob es an den zwei Gläsern Curacao lag, oder ob die Umgebung wirklich so viele Blautöne aufwies?

Um mich herum sah alles blau aus: die Bäume, die Büsche und zu meinen Füßen überall Blaubeersträucher mit herrlich saftigen, dicken Beeren. “Nur zu, bediene dich“, meinte Irene, “aber pass mit dem Saft auf.“

„Wo sind wir? Erlebe ich das wirklich?“, konnte ich nur flüsternd erwidern, während ich mir eine Handvoll Blaubeeren in den Mund schob.

Ich erfuhr, dass wir uns im Blaubeerwald der Blaublüter befanden, in der Blauen Zone.

Davon hatte ich noch nie gehört, aber da mir mein Verstand etwas gedämpft vorkam und mein entrückter Zustand durch die gegessenen Blaubeeren anscheinend noch verstärkt worden war, schien mir das alles nicht so wichtig. Ich schwelgte in Blau, äußerlich wie innerlich.

Doch meine Freundin hatte noch mehr mit mir vor. „Du brauchst dich hier nicht satt zu essen, wir sind eingeladen im Schloss von Prinz Beau Blue dem Dritten, dem Herrscher der Blaunasen und Blaustrümpfe.“

Bei klarem Verstand hätte ich wieder die Fragezeichen in den Augen gehabt, aber in meinem jetzigen Zustand antwortete ich ganz verständig: „Ach ja, dann lass uns gehen!“

Zum Schloss war es nicht weit, wir sahen das türmchenreiche Bauwerk schon nach der nächsten Biegung. Scheinwerfer in Meeresblau beleuchteten das stahlblau getönte Schloss mit den vielen kobalt- und azurblauen Mosaiken. Ein wunderschöner Anblick.

 Etwas irritiert schaute ich den uns begrüßenden Hausherrn an, der nicht nur einen nachtblauen Seidenanzug mit schlumpfblauen Socken trug, sondern uns auch blaunasig und natürlich blaublütig entgegentrat. Mir schwindelte bei so viel blau Erlebten, und ich dachte schnell an das blaue Band des Frühlings, das uns wieder Farbe in die Welt bringen würde mit vielen bunten Blumen und dem frischen Grün der Büsche und Bäume.

Kein Blau mehr dachte ich - und riss die Augen auf. In meinem Bett fand ich mich wieder.

Was für ein absurder Traum! Ob mir die Blaubeeren am Abend nicht gut bekommen waren?

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen