Dienstag, 4. April 2023

Besuch in der Blauen Zone

 Karin

 

Alljährlich reiste Gerlinde mit ihrem Mann in die geliebte Provence. Sie waren jedes Mal aufs Neue entzückt von den blauen Lavendelfeldern.

Bei einer bestimmten Lichteinstrahlung leuchtete der Lavendel rot-blau. Der Duft versetzte beide in einen beseelten Rauschzustand.

Stets reiste das Paar mit einem minimalistischen Gepäck. In diesem Jahr schlugen sie ihr Zwei-Personen-Zelt in dunkelblauer Nacht zwischen mannshohen Sonnenblumen auf. Der Reihenabstand war ausreichend für ihr Nachtlager. und sie waren außer Sichtweite.

 

Bei der Weiterfahrt ins Blaue am nächsten Tag wurden ihre Blicke auf riesige blaue Plakate gelenkt. Die Aushänge waren zahlreich aufgestellt, nicht nur in den kleinen Ortschaften, sondern auch auf Wiesen und Feldern. Neugierig geworden stoppten sie beim nächsten Werbeplakat und lasen auch das violett-blaue Kleingedruckte. Der Text lautete:

 

Besuchen sie die Blaue Zone: Öffnungszeit von 10.00 - 22.00 Uhr,  

kostenloser Eintritt mit blauer Kleidung 

 

Unbedingt wollten Gerlinde und Otto dieses Blaue Wunder erleben. Ließen sich von den blauen Hinweisschildern leiten, kamen an Läden vorbei mit prächtigen, blauen Gewändern im Aushang. 

Ein Einkauf war unumgänglich. Gerlinde entschied sich für einen Kaftan, der mit kleinen glitzernden blauen Glasperlen bestickt war. Eine blaue turbanartige Kopfbedeckung kam hinzu.

„Perfekt“, sagte ihr Mann, der sich für einen blauen Matrosenanzug entschieden hatte. Er sah wie ein Pennäler aus. Lächerlich, dachte Gerlinde im Stillen. 

Ganz in Blau umhüllt fuhren sie weiter bis zu einer blauweißen Schranke. An beiden Seiten standen Männer im blauen Livreen, inspizierten die Ankömmlinge und drehten dann wohlwollend die Schranke hoch.

In diesem Moment wurden sie in das blaue Wunder hineingezogen. 

Berauscht vom blaublütigen Wiesenduft, begleitet von einem zarten Gesang der Blauwale, betraten sie eine blaue Moschee. Die blauen, dicken Teppiche verschluckten jeden Schritt und sie hatten das Gefühl, auf himmelblauen Wolken zu schreiten. In einem tranceähnlichen Zustand gingen sie durch die Moschee, und es öffnete sich ein blassblauer Vorhang. 

Wie angewurzelt blieben Gerlinde und Otto stehen und trauten ihren Augen nicht. Sie waren in Monets blauen Garten in Giverny angekommen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen