Dienstag, 10. Januar 2023

Im Watt

 Maren

Der Himmel war grau, er spiegelte sich in den Pfützen und den kleinen stehenden Wasserflächen des Watts, er verstärkte dort die schwarzgraue Farbe.

Ich zog meine alten Turnschuhe an, band die Schuhbänder mit einem festen Doppelknoten zu und startete die Wattwanderung. Der Weg zum Wassersaum der abgelaufenen Ebbe war gut zu begehen. Wellen hatte den sandigen Boden geriffelt und fest gespült.

Diese Wanderung im späten Oktober über die weiten grauen Flächen hatte etwas Bizarres und Verwunschenes.

Den Rückweg wollten wir verkürzen, der schräg auf das Ufer zeigende Weg versprach eine deutliche Abkürzung. Matschig wurde es, meine Schuhe waren diesem Untergrund gut gewachsen. Plötzlich sackte ich bis zu den Knien ins Watt. Je mehr ich mich bemühte aus dem Matsch herauszukommen, umso mehr verfestigte sich die Wattmasse um meine Beine. Ich fühlte mich wie in einem Betonsockel. Meine Not nahm zu, ich rief nach meinem Mitwanderer. Er stand noch auf festem Boden.

Seine Tipps und Vorschläge brachten mich tiefer ins Erdinnere. Ich warf mich nach vorne, aber meine festgesaugten Beine bewegten sich nicht. Inzwischen unterschied ich mich kaum noch von der Umgebung. Ein Grau hatte meinen Oberkörper eingehüllt. Ich war Watt.

Mir wurde mulmig, ich bat meinen Mitwanderer um Hilfestellung, er kniete sich unweit von mir hin und reichte mir seine Hand. Die Befreiung gelang, allerdings rutschte er hierbei aus und zusammen bildeten wir nun das Paar, das dem Watt entstiegen ist. Grau vom Watt, aber um eine Erfahrung reicher.

Am Deich war die letzte Dusche noch aktiv, meine Schuhe, die ich aufgrund guter Verschnürung anbehalten durfte, wurden lange gespült. Es war nur eine Grobspülung. Viele kleine graue Rillen erinnerten mich später noch an diesen bemerkenswerten Ausflug.

 

 

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