Mittwoch, 1. November 2023

Der Fliegenpilz

Elke

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm...

Die Menschen kennen so ein schönes Lied über uns, dabei machen sie Unterschiede ob einer braun, gelb oder lila aussieht, eine helle oder eine braune Kappe hat, Lamellen oder Röhren.

Aber ich bin der Schönste! Meine rote Kappe leuchtet, die akzentuiert gesetzten weißen Punkte strahlen, und mit meiner ganzen Erscheinung hebe ich mich ab vom braun-grauen Gewusel des Waldbodens. Stolz stehe ich auf meinem schneeweißen Bein, oft allein, mir aber der Gesellschaft meiner Brüder und Schwestern bewusst, die im großen Kreis um mich herum wachsen.

„Hexenring“ nennen das die Menschen und erfreuen sich daran, nicht ohne die Warnung „fasst die Pilze nicht an, die sind giftig“. Wir sind mit Absicht giftig, damit man uns nicht herausreißt, damit würde unser Wachstum und unsere Verbreitung beendet. Nur Schnecken mögen uns, nagen genüsslich am Hut und zerstören so den vollendeten optischen Eindruck.

Neulich kamen ein paar Jugendliche in den Wald, sie suchten gezielt nach Fliegenpilzen. Schon von Weitem hörte ich einen rufen: “Hier stehen ganz viele, sollen wir die alle nehmen?“ Erschrocken versuchte ich mich zu ducken, aber mein Bein ließ sich nicht beugen.

Ein paar von uns mussten dran glauben, sie wurden mit dem ganzen Wurzelgeflecht brutal rausgerissen, verloren für Jahre!

Die jungen Burschen unterhielten sich über „Zaubertrank“ und „Rauschwirkung“. Ich hoffte nur, das würde kein Erfolg werden und sich herumsprechen.

Da sind mir die Einzelgänger lieber, die mit Fotoapparat vorsichtig durch den Wald tappen und uns, einmal gefunden und auf den richtigen Lichteinfall wartend, vielleicht noch ein Blatt zur Seite räumend, liebevoll von allen Seiten fotografieren.


So eine Wertschätzung lobe ich mir!

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